Entwicklung eines KoDorfs in der Kalkgrube und Wiederbelebung Schloss Blumenfeld

Die Stadt Tengen plant das Areal „Kalkgrube“ in der Kernstadt zu entwickeln. Mit dem Neubau des Pflegeheims wurde in den letzten Jahren die erste Teilfläche entwickelt. In einer öffentlichen Veranstaltung am 27.10.2021 wurde nun die Konzeption für eine weitere Teilfläche vorgestellt. Dort soll ein neues Wohnkonzept – das KoDorf – umgesetzt werden. Darüber hinaus soll vom KoDorf ein Impuls zur Wiederbelebung von Schloss Blumenfeld ausgehen. Der Gemeinderat hat mehrheitlich Offenheit für eine solche Entwicklung signalisiert, eine abschließende Beratung und Beschlussfassung soll Ende 2021/Anfang 2022 erfolgen.

Unten finden Sie die gesamte Dokumentation der Veranstaltung mit allen Antworten sowie die gezeigte Präsentation. Vom 15.11.-26.11.2021 können Sie außerdem unter www.beteiligung.tengen.de weitere Fragen, Ideen, Anregungen und Bedenken formulieren. So wie die Dokumentation der Veranstaltung fließen diese Beiträge ebenfalls in die Gemeinderatsberatung mit ein.

Im Folgenden finden Sie Antworten auf Fragen, die besonders häufig gestellt wurden.

Was ist das KoDorf?

KoDörfer bestehen aus einer Ansammlung von kleinen Holzhäusern und großzügigen Gemeinschaftsflächen (z.B. ein gemeinschaftlicher Essbereich, aber auch Werkstätten oder ein Dorfladen). So sollen der Wunsch nach den eigenen vier Wänden und das Bedürfnis nach gelebter Gemeinschaft in Einklang gebracht werden. Und das in ökologischer Bauweise (Holzbau und begrünte Dächer) und mit einem Finanzierungsmodell, das breiteren Schichten Wohneigentum ermöglichen soll (mehr zur Finanzierung unten). Das erste KoDorf entsteht momentan in Wiesenburg in Brandenburg, gefördert durch das Land Brandenburg mit rund vier Millionen Euro.

In der Kalkgrube sind im KoDorf Tengen 36 Wohneinheiten geplant. Diese verteilen sich auf sechs Wohnhöfe mit Grundrissen zwischen 30 und 90 Quadratmeter. Neben den Wohnhäusern sind zwei Gemeinschaftshäuser und Car-Sharing-Parkplätze geplant.

Was ist die Verbindung zwischen KoDorf & Schloss Blumenfeld?

Das KoDorf lebt von der Verbindung von kleineren Wohngebäuden und Gemeinschaftsflächen. Deshalb ist es geplant, dass das KoDorf einen Teil von Schloss Blumenfeld mitnutzen wird. Seit Mitte Juni findet der Summer of Pioneers im Schloss statt: Rund 20 Menschen aus der Kreativ- und Digitalbranche leben und arbeiten auf Schloss Blumenfeld. Der Summer of Pioneers hat aufgezeigt, dass sich das Schloss als multifunktionaler Ort nutzen lässt und dass die Voraussetzungen für neue, digitale Formen von Arbeit – u.a. durch die Einrichtung eines CoWorking-Spaces – geschaffen werden können. Der Wunsch ist, Schloss Blumenfeld auch künftig mit einer Vielzahl von Nutzungen wiederzubeleben.

Das KoDorf würde beispielsweise den CoWorking-Space und ggf. weitere Nutzungen des Schlosses (z.B. temporäre Vermietung der Zimmer) fortführen. Das ist eine große Chance, um Schloss Blumenfeld dauerhaft wiederzubeleben. Denn klar ist: Die Stadt Tengen wird die geplante Vielfalt an Nutzungen nicht alleine stemmen können, sondern braucht Mitstreiter und das KoDorf kann einer dieser Partner sein.

Warum wurde der Standort Kalkgrube gewählt?

Aus drei Gründen wurde der Standort in der Kalkgrube gewählt:

Erstens werden mindestens zwei Hektar Fläche benötigt, um das Konzept KoDorf zu realisieren. Die Stadt Tengen besitzt keine andere Fläche mit entsprechender Größe, auf der sich das Projekt realisieren ließe - auch nicht in Blumenfeld. Die Flächen rund um das alte Krankenhaus sind nur ca. 4.000 Quadratmeter groß.

Zweitens, für die Fläche in der Kalkgrube gibt es einen bestehenden Bebauungsplan. Dieser kann vergleichsweise kurzfristig geändert werden, um Baurecht zu schaffen. Bei allen anderen möglichen Flächen besteht aktuell kein Baurecht und dieses könnte nur mit langem Vorlauf geschaffen werden. Realistischerweise benötigt man dafür bei einem Projekt dieser Größenordnung mindestens 2-3 Jahre.

Drittens, die Fläche in der Kalkgrube ist nicht direkt am Schloss, aber dennoch gut mit dem Fahrrad oder per Fuß zu erreichen. Dies ist wichtig, um die Nachnutzung des Schlosses mit dem KoDorf zu verbinden.

Wenn man die Kalkgrube klassisch entwickeln würde, also mit einer Einfamilienhaussiedlung, würde sie sehr wahrscheinlich bis zum Ende des Jahrzehnts unbebaut bleiben. Denn nach den Neubaugebieten „Ob den Häusern“ und „Amtsgarten“ in der Kernstadt, folgen als nächstes Einfamilienhausgebiete in Büßlingen, Watterdingen und ggf. weiteren Teilorten. Dies folgt dem Vorgehen der letzten Jahre, also dass in mehreren Teilorten Wohnentwicklung stattfinden soll. Erst danach würden weitere Gebiete in der Kernstadt ins Auge gefasst werden. Die Entwicklung der Kalkgrube mit einem innovativen Konzept, das nicht durch die Stadt selbst umgesetzt werden muss, ermöglicht eine deutlich frühere Nutzung des Areals. Gleichzeitig stehen weiterhin ausreichend Flächen in der Gesamtstadt Tengen zur Verfügung, um auch klassische Einfamilienhausgebiete zu entwickeln.

Wer baut das KoDorf? Wie sieht die Finanzierung aus?

Die Stadt wird die Fläche entweder an eine Genossenschaft verkaufen oder sie im Wege des Erbbaurechts zur Verfügung stellen, sie also langfristig verpachten. Der Bau des KoDorfes findet durch die Genossenschaft statt. Die Stadt baut nicht selbst, ist aber in den Planungsprozess eingebunden; ebenfalls soll die Bürgerschaft an den weiteren Planungen beteiligt werden. Die Stadt wird vertraglich festschreiben, dass die Fläche nur mit dem Konzept „KoDorf“ bebaut werden darf und dass das Grundstück wieder an die Stadt fällt, falls nicht gebaut wird. So wird verhindert, dass die Fläche ein Spekulationsobjekt wird.

Das KoDorf ist ein Genossenschaftsprojekt. Bauherr ist die VielLeben eG. Die Genossenschaftsmitglieder bringen 30% des Investitionsbedarfs als Eigenkapital ein. Für die verbleibenden 70% nimmt die VielLeben eG einen Kredit auf, den die Bewohner:innen über einen langen Zeitraum mit ihrem monatlichen Wohngeld abbezahlen. Als Gegenleistung erhalten sie lebenslanges Wohnrecht. Ein besonderer Vorteil: Die KfW finanziert den Erwerb von Genossenschaftsanteilen bis zu 50.000 € zu günstigen Konditionen. Damit ermöglicht dieses Modell auch Menschen den Traum vom Haus im Grünen, die ansonsten nicht über die erforderlichen Mittel verfügen würden.

Wie kann sichergestellt werden, dass das KoDorf nicht abgekapselt vom restlichen Dorf ist?

Das KoDorf lebt davon, dass es ein offener Ort ist, der alle willkommen heißt, und eine Verbindung zur bestehenden Dorfgemeinschaft entsteht. Die enge Anbindung an die bestehende Dorfgemeinschaft soll durch unterschiedliche Maßnahmen sichergestellt werden. So soll schon für die Planungsphase ein Projektbeirat mit Vertretern aus Gemeinderat, Verwaltung und Bürgerschaft eingerichtet werden, der das Projekt begleitet. Ferner wird der gesamte Planungsprozess offen gestaltet, so dass Bürgerschaft und vor allen Dingen künftige Nachbarinnen und Nachbarn Gelegenheit haben, an der Planung mitzuwirken. Die Erfahrungen des Summer of Pioneers auf Schloss Blumenfeld haben schließlich gezeigt, dass innerhalb weniger Monate enge Verbindungen zum Dorf gewachsen sind – durch Veranstaltungen, aber auch viele zufällige Begegnungen.

Wer zieht in das KoDorf?

Das KoDorf ist offen für alle Interessierten. Sofern der Gemeinderat einen entsprechenden Grundsatzbeschluss fasst, folgt als einer der nächsten Schritte eine Veranstaltung für Bauinteressierte. Die Erfahrung aus dem ersten KoDorf in Wiesenburg zeigt, dass sich Menschen aus allen Altersgruppen für diese Wohnform interessieren. Neben 11 Kindern werden in Wiesenburg 45 Erwachsene mit einem Durchschnittsalter von 45 Jahren in das KoDorf ziehen. Als Teil des Grundstücksvertrags wird die Stadt Tengen festschreiben, dass eine feste Anzahl an Wohneinheiten für Bürgerinnen und Bürger aus der Stadt Tengen reserviert ist.
Interessierte können sich auch jetzt schon an Frederik Fischer wenden: frederik.fischer@kodorf.de